Obergericht für die Provinz Hanau – Wikipedia

Das Obergericht für die Provinz Hanau (ab 1864: Obergericht Hanau) war ein zweitinstanzliches Gericht des Kurfürstentums Hessen für den Bereich seiner Provinz Hanau mit Sitz in der Stadt Hanau.

Bis zum Tod des Kurfürsten Wilhelm I. 1821 war im Kurfürstentum Hessen ein gewaltiger Reformstau aufgelaufen, da dieser nach seiner Rückkehr aus dem Exil auf den Thron 1813 viele Reformen rückgängig gemacht und persönlich im 18. Jahrhundert verhaftet geblieben war. Der neue Kurfürst, Wilhelm II., war nicht weniger autokratisch als sein Vater, aber gewillt, den Staat zu modernisieren. Die Staatsverwaltung wurde nach preußischem Muster reformiert. Teil der Justizreform war, für jede der Provinzen des Kurstaates als mittlere Ebene der Gerichtshierarchie ein Obergericht einzurichten.

So erhielt auch die Provinz Hanau 1821 ein entsprechendes Obergericht für die Provinz Hanau.[1]

Weitere Entwicklung

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Mit dem Wiedererstarken der Staatsmacht nach der Revolution von 1848 wurden zahlreiche Reformen rückgängig gemacht und dabei auch gleich noch weitere Änderungen vorgenommen. Mit dem Argument, dass dadurch „eine wesentliche Verminderung des Richterpersonals“ möglich sei[2], wurde die Zahl der Obergerichte im Kurstaat auf zwei reduziert: Das Obergericht Kassel und das Obergericht Fulda.[3] Das Obergericht für die Provinz Hanau wurde aufgelöst. Seine Aufgaben übernahm das Obergericht Fulda.[4]

Das aber war noch nicht das Ende: Zum 1. Januar 1864 wurde die Reform der Gerichtsverfassung von 1851 teilweise zurückgenommen, der Zustand von 1822 wieder hergestellt und das Obergericht Hanau erneut eingerichtet.[5]

Nach dem verlorenen Krieg von 1866 annektierte das Königreich Preußen das Kurfürstentum Hessen.[6] Damit wurde auch Hanau preußisch und erhielt 1867 eine preußische Gerichtsverfassung.[7] Das Obergericht Hanau wurde funktional durch das preußische Kreisgericht Hanau ersetzt.

Instanzielle Einordnung

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Dem Obergericht für die Provinz Hanau übergeordnet war das Oberappellationsgericht Kassel. Der Gerichtsbezirk des Obergerichts für die Provinz Hanau umfasste:[8]:

Die Hanauer Gerichte hatten seit 1835 ihren Sitz im Altstädter Rathaus und erhielten 1842 ein eigenes Gerichtsgebäude im Bangert. Dies war ein freistehender, dreigeschossiger Bau mit einem großen Sitzungssaal, der in seiner Höhe zwei Stockwerke einnahm. Das Gebäude wurde im Zweiten Weltkrieg bei den Luftangriffen auf Hanau zerstört.

  1. Wurde vom Justizamt Bergen mitverwaltet (Reus, [ohne Seitenzählung], Abschnitt: Justizamt Bergen).
  2. Ab 1850 zum Justizamt Schlüchtern (Reus, [ohne Seitenzählung], Abschnitt: Kurfürstlich-Hessisches Gräflich Degenfeld-Schönburgisches Justizamt Ramholz).

Einzelnachweise

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  1. §§ 41–46 Verordnung vom 29ten Juni 1821 die Umbildung der bisherigen Staatsverwaltung betreffend. In: Sammlung von Gesetzen etc. für Kurhessen Nr. 12 vom Juni 1821, S. 29–61 (39f).
  2. Prolog Provisorisches Gesetz vom 22ten Juli 1851, abändernde Bestimmungen über Organisation der Rechtspflege und das Verfahren in Strafsachen sowie in bürgerlichen Rechtsstreiten enthaltend. In: Sammlung von Gesetzen etc. für Kurhessen Nr. 18, Juli 1851, S. 59–72 (60).
  3. § 6 Provisorisches Gesetz vom 22ten Juli 1851, abändernde Bestimmungen über Organisation der Rechtspflege und das Verfahren in Strafsachen sowie in bürgerlichen Rechtsstreiten enthaltend. In: Sammlung von Gesetzen etc. für Kurhessen Nr. 18, Juli 1851, S. 59–72 (60).
  4. Provisorisches Gesetz vom 22ten Juli 1851, abändernde Bestimmungen über Organisation der Rechtspflege und das Verfahren in Strafsachen sowie in bürgerlichen Rechtsstreiten enthaltend, Anhang. In: Sammlung von Gesetzen etc. für Kurhessen Nr. 18, Juli 1851, S. 59–72 (72).
  5. §§ 10, 47 Gesetz vom 28ten October 1863, die Gerichtsverfassung betreffend. In: Sammlung von Gesetzen etc. für Kurhessen Nr. 10, Oktober 1863, S. 97–106 (99, 106).
  6. Gesetz, betreffend die Vereinigung des Königreichs Hannover, des Kurfürstenthums Hessen, des Herzogthums Nassau und der freien Stadt Frankfurt mit der Preußischen Monarchie vom 20. September 1866. In: Gesetz-Sammlung für die Königlich Preußischen Staaten Nr. 47, S. 555;
    Patent wegen der Besitznahme des vormaligen Kurfürstenthums Hessen vom 3. Oktober 1866. In: Gesetz-Sammlung für die Königlich Preußischen Staaten Nr. 51, S. 594f.
    Allerhöchste Proklamation an die Einwohner des vormaligen Kurfürstenthums Hessen vom 3. Oktober 1866. In: Gesetz-Sammlung für die Königlich Preußischen Staaten Nr. 51, S. 595f.
  7. Verordnung über die Gerichtsverfassung in dem vormaligen Kurfürstenthum Hessen und den vormals Königlich Bayerischen Gebietstheilen, mit Ausschluß der Enklave Kaulsdorf vom 26. Juni 1867. In: Gesetz-Sammlung für die Königlich Preußischen Staaten Nr. 64, S. 1085;
    Verfügung vom 8. August 1867, – betreffend die Einrichtung nach der Allerhöchsten Verordnung vom 26. Juni d. J. in dem vormaligen Kurfürstenthum Hessen und den vormals Königlich Bayerischen Gebietstheilen, mit Ausschluß der Enklave Kaulsdorf, zu bildenden neuen Gerichte. In: Justiz-Ministerial-Blatt für die Preußische Gesetzgebung und Rechtspflege Nr. 31 vom 9. August 1867, S. 221.
  8. Franz / Hofmann / Schaab, S. 196; Reus, [ohne Seitenzählung], Abschnitt: Obergericht für die Provinz Hanau in Hanau.
  9. online Immanuel Buddeus (Hg.): Deutsches Anwaltbuch: Ein Handbuch zur auswärtigen Proceßführung in allen deutschen Landen, nebst Verzeichnissen sämmtlicher Sachwalter in Deutschland, Band 1. Reichenbach, Leipzig 1845, S. 146.