Portolankarte – Wikipedia
Die Portolankarte ist ein historischer Typ der Seekarte. Die frühen Portolankarten umfassten hauptsächlich das Mittelmeer und das Schwarze Meer. Die Bezeichnung ist von Portolan abgeleitet. Portolane sind mittelalterliche Seebücher des Mittelmeerraums.
Die Bezeichnungen Rumbenkarte und Windstrahlenkarte beziehen sich auf ein besonderes Merkmal dieser Karten, die sogenannten Rumbenlinien (auch „Windstrahlen“ genannt). Dies sind feine Linien, die die Portolankarten in bis zu 32 Richtungen der Windrose durchziehen und ein orientierendes Liniennetz bilden.
Portolane
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Begriff Portolan oder Portulan (italienisch portolano) ist von lateinisch portus „Hafen“ abgeleitet. Portolane sind ursprünglich mittelalterliche Bücher mit nautischen Informationen etwa zu Landmarken, Leuchttürmen, Strömungen und Hafenverhältnissen. Sie gehen auf antike Umschiffungsbeschreibungen zurück (siehe Periplus).
Die Verwendung des Begriffs Portolan ist erstmals für das Jahr 1285 belegt. Ab dem 16. Jahrhundert bestanden Portolane nicht nur aus Text, sondern enthielten auch Seekarten. Im 19. Jahrhundert begannen Gelehrte, alle alten Seekarten als Portolane zu bezeichnen. Seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts beschränken Spezialisten den Begriff Portolan auf den Text und sprechen bei Seekarten eines bestimmten Typs von Portolankarten.
Entstehung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die älteste überlieferte Portolankarte, die Carta Pisana („Pisaner Karte“), stammt aus dem letzten Viertel des 13. Jahrhunderts. Sie entstand zur selben Zeit wie der erste mittelalterliche Portolan, der Compasso da navegare.
Material
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Portolankarten des 13. und 14. Jahrhunderts sind auf Pergament gezeichnet. Bei den größerformatigen Einzelkarten wurde zumeist der Beschreibstoff Tierhaut beibehalten (siehe Abbildungen). Meist handelt es sich um einzelne Karten. Portolankarten konnten jedoch auch Bestandteile von Atlanten sein.
Rumbenlinien
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ein wesentliches Merkmal der Portolankarten ist das sichtbare Liniennetz, das zur Kursbestimmung mittels Kompass dient. Dieses Liniennetz besteht aus verschiedenfarbigen Geraden, den Rumbenlinien, die sowohl vom Zentrum der Karte als auch von 16 gleichmäßig auf einer Kreislinie verteilten Punkten ausstrahlen. Die Linien der jeweils vier Haupt- und Zwischenhimmelsrichtungen sind schwarz, die der Halb-Winde grün, die der Viertel-Winde rot eingetragen. Diese traditionelle Farbgebung wurde mehr als vier Jahrhunderte hindurch unverändert beibehalten.
Verwendung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Portolankarten weisen eine unterschiedliche Orientierung auf und sind nicht immer genordet. Der Seemann, der die Karte benutzte, drehte sie in die Richtung des jeweils verfolgten Kurses.
Gefährliche Passagen waren in der Karte hervorgehoben und mit Eintragungen wie „Gib acht!“ oder „Öffne das Auge“ kommentiert. Die Anlegeplätze wurden in verschiedenfarbiger Tinte, je nach ihrer Wichtigkeit, eingetragen. Wenn ihm die auf der Karte enthaltenen Angaben nicht ausreichten, konnte der Seemann den Text des Portolans mit seinen detaillierteren Angaben zur Hand nehmen.
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Ingrid Baumgärtner, Stefan Schröder: Weltbild, Kartographie und geographische Kenntnisse (online). In: Johannes Fried, Ernst-Dieter Hehl (Hg.): WBG Weltgeschichte, Band 3: Weltdeutungen und Weltreligionen 600 bis 1500. WBG, Darmstadt 2010, ISBN 978-3-534-20106-8, S. 57–83. Darin: Neue Visualisierungen des Raumes – Regional- und Portulankarten (S. 76–80).
- Uta Lindgren: Portulan. In: Lexikon des Mittelalters (LexMA). Band 7. LexMA-Verlag, München 1995, ISBN 3-7608-8907-7, Sp. 122 f. (Entstehung zwischen 1150 und 1250).
- Monique de La Roncière, Michel Mollat Du Jourdin u. a.: Les Portulans: cartes marines du XIIIe au XVIIe siècle. Paris u. a. 1984, ISBN 2-09-290538-4.
- Konrad Kretschmer: Die italienischen Portolane des Mittelalters. Ein Beitrag zur Geschichte der Kartographie und Nautik. Nachdruck der Ausgabe Berlin 1909. Hildesheim 1962.
- Peter Mesenburg: Portolankarten belegen hohe Kunst der Ingenieure im Mittelalter. In: Essener Universitätsberichte. 2, 1988, S. 16–21.
- Helmut Minow: Rätsel der mittelalterlichen Seekarten. In: Deutsches Schiffahrtsarchiv. 21, 1998, S. 411–428 (online, PDF; 2,3 MB).
- Rätselhafte Portolankarten. Wie und wann sind sie entstanden? 2. Auflage. Europäische Gesellschaft für Frühgeschichtliche Technologie und Randgebiete der Wissenschaft, Hohenpeißenberg 1996, DNB 960070451.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Portolankarte auf Spektrum.de
- Portolan chart auf britannica.com (englisch)
- Veröffentlichungen zu portolan* im Opac der Regesta Imperii
- Veröffentlichungen zu portulan* im Opac der Regesta Imperii