Seebuch – Wikipedia

Das Kitab-ı Bahriye (Seefahrer-Buch) beendete Piri Reis 1521

Ein Seebuch ist eine frühe Form des Seehandbuchs. Bezeichnungen in anderen Sprachen sind rutter (englisch), routier (französisch), roteiro (portugiesisch), derrotero (spanisch), leeskaert beziehungsweise später paskaert (flämisch).

Seebücher bzw. Segelanweisungen enthalten speziell für Schiffer und Steuerleute gedachte Angaben zu Kursen, Wassertiefen, Grundbeschaffenheiten, Gezeitenströmen, Hafenzeiten, Reeden und Häfen, Entfernungen und Gefahren vor der Küste. Im 16. Jahrhundert kamen Abbildungen einfacher Art hinzu, die sog. Vertonungen. Sie grenzen sich insofern von sog. See-Itineraren ab, die von Reisenden tagebuchartig verfasst wurden und durchaus auch nautische Informationen enthalten können, aber für einen nicht-nautischen Leser geschrieben sind und nicht unbedingt für nautische Kompetenz stehen können und wollen.

Das älteste bekannte europäische Werk dieser Art – abgesehen von antiken Vorläufern – ist der italienische Compasso da navigare aus dem Jahr 1296, dessen Abfassung anhand textimmanenter Kriterien jedoch auf rund zwei Generationen früher angesetzt werden kann. Dieses Werk war der Urtyp für eine Reihe ähnlicher Portolane des Mittelmeerraums, die in den folgenden Jahrhunderten erschienen.

Die Niederschrift der ältesten erhaltenen nordwesteuropäischen Segelanweisung, des sog. niederdeutschen Seebuches, lässt sich auf das Jahr 1470 datieren. Es handelt sich um eine Kompilation von Texten verschiedener Provenienz und Datierung, deren früheste sich aufgrund interner Indizien auf bis zu eineinhalb Jahrhunderte früher datieren lassen, mithin auf die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts.

Zwischen 1502/1510 erschien in Rouen das erste nordeuropäische gedruckte derartige Werk, der Routier de la mer, der von erheblichem Einfluss auf den von 1520 bis 1643 in zahlreichen Auflagen verbreiteten Grand routier et pilotage des Pierre Garcie war. Der Routier de la mer erschien 1528 als Rutter of the Sea auch in englischer Übersetzung durch Robert Copland. 1541 gab Richard Proude im Inselreich den New Rutter of the Sea for the North Partes heraus.

Im Niederländischen werden die Werke, deren Titel meist mit der Eingangsformel „Dit is de Kaerte van …“ beginnen, als leeskaert und später nach der Einführung von Seekarten als paskaert bezeichnet. Die erste Kaert vander Zee erschien 1532 im Druck.

Der Bukanier Bartolomew Sharp erbeutete bei einer Kaperfahrt 1680/81 im Südpazifik das Schiff Rosario samt einem spanischen Seebuch, das die Küstenlinie in ihrer natürlichen Farbgebung zeigt. Das Werk befindet sich heute in der Naval Library des britischen Verteidigungsministeriums.

  • Albrecht Sauer: Das ›Seebuch‹. Das älteste erhaltene Seehandbuch und die spätmittelalterliche Navigation in Nordwesteuropa. Kabel Verlag, Hamburg 1997, ISBN 3-8225-0395-9.
  • Leo Bagrow, R. A. Skelton: History of cartography. Hrsg.: R. A. Skelton. 2. Auflage. Transaction Publishers, 2009, ISBN 978-1-4128-1154-5.
  • Vito Salierno: Il Mediterraneo nella cartografia ottomana. (coste, porti, isole negli atlanti di Piri Reis). Caprone Auflage. Caprone, Lecce 2010, ISBN 978-88-8349-133-7.
  • Kemp, Peter (Hrsg.): The Oxford Companion to Ships and the Sea. 1. Auflage. Oxford University Press, Oxford 1976, ISBN 0-19-211553-7.
  • Peter Assion: ‘Das Seebuch’. In: Verfasserlexikon. 2. Auflage. Band 8, 1992, Sp. 1013–1017.