Simulierte Realität – Wikipedia

Simulierte Realität beschreibt eine hypothetische Umgebung, die als real wahrgenommen wird, aber in Wirklichkeit eine detailreiche Simulation der Realität ist. Im Gegensatz zu dem mit heutiger Technik erreichbaren Konzept der virtuellen Realität, die leicht von realen Wahrnehmungen unterschieden werden kann, wäre eine simulierte Realität von der Realität nicht trivial unterscheidbar. Hyperrealität beschreibt postmoderne Ideen bezüglich Wahrnehmungen der Realität, die in einigen Aspekten Ähnlichkeiten mit diesem Konzept aufweisen.

Zwischen simulierter Realität und virtueller Realität besteht eher ein gradueller als ein grundsätzlicher Unterschied. Dabei spielt der Grad der Immersion eine zentrale Rolle. Bei vollständiger Immersion taucht das Subjekt so stark in die simulierte Realität ein, dass diese zur virtuellen Realität wird bzw. nicht mehr trivial zwischen den Realitäten unterschieden werden kann.

Eine alternative Bedeutung des Begriffs der simulierten Realität wurde in der Fraunhofer-Gesellschaft im Jahr 2003 als eine ihrer Leitinnovationen geprägt. Unter simulierter Realität versteht man hier den Ansatz, naturwissenschaftlich-technische Simulation und Optimierung mit modernen Visualisierungs- und Interaktionsmethoden aus der virtuellen Realität zusammenzuführen.[1]

Thematisch stark verwandt mit simulierter Realität ist der sogenannte Mindfuck. Dabei wird eine als „wahr“, „real“ und „gegeben“ akzeptierte Realität aufgebrochen, und es werden völlig neue Grundmanifeste geprägt. Diese erzeugen eine kognitive Dissonanz, die in der Kunst oft absichtlich hervorgerufen wird. Die unter Immersion und virtueller Realität genannten Beispiele in Literatur und Film überlappen sich stark, obwohl der Ursprungskontext der Begriffe jeweils ein anderer ist.

Arno Meteling bemüht zur Definition des als Mindfuck bekannten Effektes in der Analyse des filmischen Werkes von Miike Takashi den Begriff „quid“ des Philosophen und Kunsttheoretikers Jean-François Lyotard, als „filmisches Ereignis, eine Plötzlichkeit, die sich dem Erzählfluss der Diegese eines Films so dermaßen widersetzt, dass der Zuschauer gewaltsam erschüttert und überwältigt zurückgelassen wird, dass er den Film nicht mehr als geschlossene Struktur wahrnehmen kann.“[2]

Der Begriff „quid“ wird auch von Lyotard als ein desorientierendes Ereignis in der Kunst beschrieben.

„Es handelt sich nicht um die Frage nach dem Sinn und der Wirklichkeit dessen, was geschieht oder was das bedeutet. Bevor man fragt was ist das, was bedeutet das, vor dem quid, ist ‚zunächst’ sozusagen erfordert, dass es geschieht, quod. Dass es geschieht, geht sozusagen immer der Frage nach dem, was geschieht ‚voraus’. Denn dass es geschieht, das ist die Frage als Ereignis; ‚danach’ erst bezieht sie sich auf das Ereignis, das soeben geschehen ist. […] Es geschieht, il arrive ist ‚zunächst’ ein: Geschieht es? Ist es, ist das möglich? Dann erst bestimmt sich das Fragezeichen durch die Frage: Geschieht dies oder das, ist dies oder das, ist es möglich, dass dies oder das geschieht.“

Jean-François Lyotard[3]

Der Begriff Mindfuck wurde geprägt von Robert Anton Wilson und Robert Shea und erlangte erstmals weitere Verbreitung in deren Roman-Trilogie Illuminatus im Jahr 1968. Zu Beginn der 2000er Jahre wurde er in US-amerikanischen Filmforen wieder aufgegriffen als Reaktion auf Filme wie The Sixth Sense, Fight Club oder Mulholland Drive. Der Medienwissenschaftler und Autor Christian Hardinghaus beschreibt den Begriff nicht als ein Filmgenre, sondern als einen Effekt, den filmische oder literarische Manipulationstechniken hervorrufen können. Der Zuschauer soll dabei durch Regiekniffe so in die Irre geführt werden, dass er an seinen eigenen Sinnen zu zweifeln scheint. Dabei sei ein Mindfuck immer auf ein Medium zurückzuführen. So etwa gebe es Mindfuck-Effekte in Filmen, Büchern, Spielen, in der Bildenden Kunst oder auf Fotos. Millionenfach werden in sozialen Netzwerken Bilder geteilt, welche das Etikett Mindfuck tragen. Auf den ersten Blick nicht erkennbare Details geben dem Foto bei näherer Betrachtung eine ganz andere Bedeutung.

Im Jahr 2012 löste ein Artikel von Der Spiegel, der sich auf die Computer Generated Imagery der Serie Seven Houses for No One bezog,[4] Debatten über die simulierte Realität in der Architektur aus: „Dass Fiktion und Realität kaum noch unterscheidbar sind, machte sich der junge italienische Architekt Antonino Cardillo zunutze. Der Spiegel erfuhr, dass Cardillo Bilder von angeblich gebauten Gebäuden an Architekturzeitschriften versandt und den Anschein erweckt hatte, die Häuser seien tatsächlich gebaut worden.“⁠[5]

Romane mit ähnlichen Themen

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Filme mit ähnlichen Themen

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Einzelnachweise

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  1. Simulierte Realität (PDF). Website der Fraunhofer-Gesellschaft. Abgerufen am 3. März 2013.
  2. Arno Meteling: Endspiel in Köhne. In: Kusche, Meteling (Hrsg.): Splatter Movies. Bertz und Fischer, 2006, ISBN 3-86505-304-1, S. 54.
  3. Dieter Mersch: Zur Aktualität von Lyotards Philosophie der Kunst. Politik der Wahrnehmung. ArtNet.de, abgerufen am 27. Juni 2014.
  4. Antonino Cardillo: For No One. In: www.antoninocardillo.com. 1. Juni 2011, abgerufen am 23. Mai 2024 (englisch).
  5. Susanne Beyer: Hausmitteilung / Hochstapler: Römische Ruinen. In: Der Spiegel. Nr. 27/2012. Hamburg 2. Juli 2012, S. 3, 121–123 (spiegel.de).