Hexamethylendiamin – Wikipedia

Strukturformel
Strukturformel Hexamethylendiamin
Allgemeines
Name Hexamethylendiamin
Andere Namen
  • Hexan-1,6-diamin (IUPAC)
  • 1,6-Diaminohexan
  • 1,6-HEXANEDIAMINE (INCI)[1]
Summenformel C6H16N2
Kurzbeschreibung

hygroskopische seidenglänzende Blättchen mit ammoniakartigem Geruch[2][3]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 124-09-4
EG-Nummer 204-679-6
ECHA-InfoCard 100.004.255
PubChem 16402
ChemSpider 13835579
DrugBank DB03260
Wikidata Q424936
Eigenschaften
Molare Masse 116,21 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Dichte

0,89 g·cm−3[3]

Schmelzpunkt

41 °C[3]

Siedepunkt

204 °C[3]

Dampfdruck

34,4 Pa (100 °C)[3]

Löslichkeit

leicht löslich in Wasser (800 g·l−1 bei 20 °C)[3] und Ethanol[2]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP),[4] ggf. erweitert[3]
Gefahrensymbol Gefahrensymbol

Gefahr

H- und P-Sätze H: 302​‐​312​‐​314​‐​335
P: 261​‐​280​‐​305+351+338​‐​310[3]
Toxikologische Daten

750 mg·kg−1 (LD50Ratteoral)[2]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Hexamethylendiamin (HMD, HMDA; IUPAC-Name: Hexan-1,6-diamin) ist eine chemische Verbindung aus der Gruppe der aliphatischen Amine und ein wichtiges Vorprodukt zur Herstellung von Polyamiden.

Hexamethylendiamin wird großtechnisch durch Hydrierung von Adipodinitril nach zwei unterschiedlichen Verfahren hergestellt. Im ersten Verfahren, das von der Firma DuPont entwickelt wurde, erfolgt die Hydrierung in Gegenwart von Ammoniak bei einem hohen Druck um 250 bar. Der Katalysator ist ein Festbett aus Eisen. Im zweiten Verfahren, welches von der Firma Rhodiatoce (ein gemeinsames Unternehmen von Rhône-Poulenc und Montecatini) entwickelt wurde, wird bei einem mittleren Druck um 40 bar hydriert. Die Hydrierung erfolgt ohne Lösungsmittel mit geringen Zusatzmengen an Alkalihydroxiden (z. B. Natriumhydroxid) an Raney-Nickel-Katalysatoren in Suspension.

2021 wurden weltweit 2 Millionen Tonnen HMD mit einem Wert von 6,4 Milliarden US-Dollar produziert.[5]

Im Labor bietet sich eine Herstellung aus Furfural an, bei der Furfural über einem ZnO-Cr2O3-Kontakt decarbonyliert wird. Mit dem erhaltenen Furan kann nun mit HCl eine Etherspaltung (begünstigt durch den Dien-Charakter) durchgeführt werden. Nach einer Umsetzung mit Natriumcyanid und vollständiger Hydrierung erhält man ebenfalls Hexamethylendiamin.

Hexamethylendiamin ist ein Zwischenprodukt für Polyamide wie Nylon. Dieser Kunststoff (Polymer) entsteht als Kondensationsprodukt aus Adipinsäure und Hexamethylendiamin unter Wasserabspaltung, die monomere Zwischenstufe wird nach den Anfangsbuchstaben der Komponenten auch AH-Salz genannt. Durch die Umsetzung von Hexamethylendiamin mit Phosgen wird Hexamethylendiisocyanat erhalten, welches als Komponente zur Herstellung von Polyurethanen verwendet wird.

Hexamethylendiamin ist gemäß der TRGS 610 mit seinem Schmelzpunkt > 20 °C und seinem Siedepunkt > 200 °C kein Lösemittel und verursacht gemäß der TRGS 600 bei Raumtemperatur mit seinem Dampfdruck < 2 hPa nur vernachlässigbare Freisetzungsgefahren. Deshalb kommt Hexamethylendiamin als Ersatzstoff für gefährlichere analoge Amine in Frage.

Durch systemische Untersuchungen an der Reaktion von Lactose/Lactulose mit Aminen wurde im Januar 2019 entdeckt, dass Hexamethylendiamin in stark alkalischer Lösung (pH 13) einen ähnlichen roten Farbstoff erzeugt wie die Wöhlk-Reaktion und Fearon’s Test.[6] Die Reaktion mit 0,025 molarer Hexamethylendiaminlösung bei 60 °C schneidet bei der Gefährdungsbeurteilung wesentlich besser ab als die vergleichbaren Verfahren mit Ammoniak und Methylamin. Dieses Verfahren kann als semiquantitative Nachweisreaktion für 1,4-verknüpfte Disaccharide (Lactose, Maltose, Cellobiose, Lactulose, Maltulose) verwendet werden und reduzierende Monosaccharide (gelb) bzw. nicht-reduzierende Zucker (z. B. Saccharose) ausgrenzen.[7] Der kirschrote Farbstoff zeigt bei UV/VIS-Spektroskopie ein Absorptionsmaximum bei 550 nm.[8]

Einzelnachweise

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  1. Eintrag zu 1,6-HEXANEDIAMINE in der CosIng-Datenbank der EU-Kommission, abgerufen am 12. Februar 2020.
  2. a b c Eintrag zu Hexan-1,6-diamin. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 25. Dezember 2014.
  3. a b c d e f g h Eintrag zu Hexamethylendiamin in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 1. Februar 2016. (JavaScript erforderlich)
  4. Eintrag zu Hexamethylenediamine im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 1. Februar 2016. Hersteller bzw. Inverkehrbringer können die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung erweitern.
  5. Covestro: Covestro und Genomatica produzieren wichtigen Chemierohstoff mit Biotechnologie. 19. Januar 2022, abgerufen am 12. August 2022 (deutsch).
  6. Ruppersberg, Klaus, Klemeyer, Horst: Lactose-Schnelltest: Wie kann man in 60 Sekunden Milchzucker nachweisen? 24. Februar 2021, doi:10.25656/01:21549 (pedocs.de [abgerufen am 4. April 2022]).
  7. Hanne Rautenstrauch, Klaus Ruppersberg, Wolfgang Proske: Chemiedidaktik: Welcher Zucker ist in der Probe. In: Nachrichten aus der Chemie. Band 70, Nr. 2, Februar 2022, S. 15–20, doi:10.1002/nadc.20224116610.
  8. Klaus Ruppersberg: Nachweis von Lactose (und Maltose) im Kontext Schule (Dissertation EUF Flensburg). In: Zentrale Hochschulbibliothek Flensburg. 1. November 2021, abgerufen am 2. Dezember 2021 (deutsch).