Boris Rajewsky – Wikipedia

Das Grab von Boris Rajewsky und seiner Ehefrau Olga geborene Kromm im Familiengrab auf dem Südfriedhof (Frankfurt am Main)

Boris Rajewsky (* 19. Juli 1893 in Tschigirin, Gouvernement Kiew, Russisches Kaiserreich, heute Ukraine; † 22. November 1974 in Frankfurt am Main) war ein bekannter deutscher Biophysiker und Strahlenforscher ukrainischer Herkunft.

Boris Rajewsky, Sohn einer russischen Adelsfamilie, studierte von 1912 bis 1917 Physik an der Kaiserlichen St.-Wladimir-Universität zu Kiew, an der er 1918 mit der Arbeit „Die Dispersion elektrischer Wellen in flüssigen Dielektrika“ promoviert wurde. Nach einer Zeit als Assistent am Physikalischen Institut der Universität Kiew und kurzer Arbeit als Physiklehrer in Ungarn siedelte er 1922 nach Deutschland über. Er erhielt 1927 die deutsche Staatsbürgerschaft. Er wurde als Assistent von Friedrich Dessauer an der Universität Frankfurt am Main 1929 zum „Dr. phil. nat.“ promoviert und noch im selben Jahr wurde ihm die Lehrberechtigung als Privatdozent übertragen.

1934 übernahm er im Einverständnis mit Dessauer die Leitung von dessen „Institut für physikalische Grundlagen der Medizin“. Dessauer wurde von den Nationalsozialisten aufgrund seines sozialpolitischen Engagements all seiner Ämter enthoben und verhaftet; daher sah sich Dessauer gezwungen, zu emigrieren. Kurz darauf wurde Rajewsky zum ordentlichen Professor ernannt. 1937 wurde Rajewskys Institut in ein „Kaiser-Wilhelm-Institut für Biophysik“ umgewidmet, das nun aus der Universität Frankfurt ausgegliedert und der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft einverleibt wurde.[1] 1933 trat Rajewsky der SA[2], 1937 der NSDAP bei, 1939 auch dem NS-Dozentenbund.[3] Anschließend arbeitete er mit dem Kaiser-Wilhelm-Institut für Hirnforschung bei strahlengenetischen Experimenten zusammen.[3] 1943 wurde er Prorektor der Universität Frankfurt.[3]

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde er vom 15. Juli 1945 bis März 1946 von den Amerikanern interniert.[4] Danach arbeitete er als kommissarischer Leiter des Universitäts-Röntgeninstituts. Von 1946 an war er Vorsitzender im wissenschaftlichen Rat der Max-Planck-Gesellschaft und darin Vorsitzender der medizinisch-biologischen Sektion.[3] Von 1949 bis 1951 war er Rektor, dann bis 1954 Prorektor der Universität Frankfurt.

1955 wurde er Berater der Deutschen Atomkommission, 1956 Vorsitzender des Sonderausschusses Radioaktivität. 1969 hielt er ein Symposium, in dem über Experimente zur Wirkung kosmischer Strahlung auf Lebewesen nachgedacht wurde. 1961 stellte er sich im Jahrbuch der Max-Planck-Gesellschaft als „Gegner und Opfer des Nationalsozialismus“ dar.[3] 1966 emeritierte er vom Max-Planck-Institut für Biophysik und er starb 1974 in Frankfurt an Darmkrebs.[5] Sein Grab befindet sich auf dem Frankfurter Südfriedhof, Gewann E 307.

Boris Rajewsky hatte zwei Söhne, Manfred und Klaus, und die Tochter Xenia. Der Biotechnologe Manfred Fedor Rajewsky (1934–2013) war Professor an der Universität Essen. Der Immunologe Klaus Rajewsky lehrte an der Universität zu Köln und der Harvard University, bevor er 2011 ans Berliner Max-Delbrück-Centrum ging, wo sein Sohn, der Bioinformatiker Nikolaus Rajewsky, seit 2006 als Nachfolger von Jens Reich arbeitet. Die Tochter Xenia ist Autorin und Übersetzerin mehrerer Bücher.

Einzelnachweise

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  1. Rainer Karlsch: Boris Rajewsky und das Kaiser-Wilhelm-Institut für Biophysik in der Zeit des Nationalsozialismus, in: Helmut Meier: Gemeinschaftforschung, Bevollmächtigte und der Wissentransfer - Die Rolle der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft im System kriegsrelevanter Forschung des Nationalsozialismus, Wallstein, Göttingen 2007, S. 395–452
  2. Frankfurter Biographie, Band 2, S. 165
  3. a b c d e Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Fischer Taschenbuch Verlag, Zweite aktualisierte Auflage, Frankfurt am Main 2005, ISBN 978-3-596-16048-8, S. 477–478.
  4. Eckart Henning, Marion Kazemi: 100 Jahre Kaiser-Wilhelm-/Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften, Teil I: Chronik der Kaiser-Wilhelm-/Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften 1911–2011. Daten und Quellen. Duncker & Humblot, Berlin 2011, ISBN 978-3-428-13623-0, Seite 271.
  5. Max-Planck-Institut für Biophysik – Physik-Schule. Abgerufen am 8. August 2019.