Der plötzliche Reichtum der armen Leute von Kombach – Wikipedia

Film
Titel Der plötzliche Reichtum der armen Leute von Kombach
Produktionsland Bundesrepublik Deutschland
Originalsprache Deutsch
Erscheinungsjahr 1971
Länge 104 Minuten
Altersfreigabe
Stab
Regie Volker Schlöndorff
Drehbuch Margarethe von Trotta,
Volker Schlöndorff
Produktion Volker Schlöndorff,
Eberhard Junkersdorf
Musik Klaus Doldinger
Kamera Franz Rath
Schnitt Claus von Boro
Besetzung

Der plötzliche Reichtum der armen Leute von Kombach ist ein Autorenfilm von 1971, bei dem Volker Schlöndorff Regie führte. Er schrieb – zusammen mit Margarethe von Trotta, seiner späteren Ehefrau – auch das Drehbuch. Der Film basiert auf einer wahren Begebenheit, die sich im 19. Jahrhundert im Hessischen Hinterland ereignete. Als Grundlage für das Drehbuch diente das Gerichtsprotokoll.

Nach mehreren Fehlversuchen gelingt am 19. Mai 1822 acht verarmten Bauern und Tagelöhnern aus dem Hessischen Hinterland ein Überfall auf einen Geldtransport des Landesfürsten, der monatlich von Gladenbach nach Gießen fährt. Der Raubüberfall geht als Postraub in der Subach in die Kriminalgeschichte ein. Für einen Augenblick scheint ihr Ziel erreicht zu sein, da ihr Leben sich radikal zum Positiven verändert. Erst später merken sie, dass sich damit nichts an den Ursachen ihrer Misere geändert hat. Zudem fallen sie durch ihren plötzlichen Reichtum in einer Armeleutegegend trotz größter Vorsicht auf, werden verhaftet, verurteilt und schließlich hingerichtet.

Allein dem Händler David Briel, der sich nicht durch einen Hof an seine Heimat gebunden fühlt und anders als die Bauern keine "Angst vor der Fremde" hat, gelingt mit dem geraubten Geld die Flucht nach Amerika.

Für den in Wiesbaden geborenen Regisseur ist der Film für sein späteres Schaffen von Bedeutung: „Mit diesem Film habe ich eigentlich erst angefangen, mich zu entwickeln. Auch die Möglichkeit, mich an meine Kindheit in Hessen zu erinnern, hat mir gut getan“. Der Film beinhaltet Verweise auf hessische Autoren: Zitate aus Büchners Woyzeck und aus Grimms Märchen ließ Schlöndorff in den Film einfließen. „Bei den Arbeiten zum Film habe ich mich auch selbst als Bruder Grimm begriffen, als ich Material über die damalige Zeit gesammelt habe“, erinnert sich Schlöndorff an die Entstehung des Films.[1]

„Wir müssen versuchen, unsere Geschichte kritisch zu lernen und zu verstehen. Deshalb ist es wichtiger und aufschlußreicher, eine solche Episode aus unserer Vergangenheit in ihrer Zeit zu belassen, sie streng historisch darzustellen, als sie zu aktualisieren, ein Gleichnis, eine Parabel oder ähnliches daraus zu machen. … Es genügt, den Text des ‚aktenmäßigen Berichts‘ zu lesen, um zu verstehen, wie eine gewisse Struktur der Gesellschaft es den Benachteiligten unmöglich macht, ihre Lage zu durchschauen und diese zu verändern.“

Volker Schlöndorff[2]

In Bezug auf den tatsächlichen Charakter der mittelhessischen Landschaft zur Zeit der Handlung in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts fallen einige Ungereimtheiten auf: So finden die Szenen im Wald zum großen Teil in rein hochstämmigen Fichtenforsten statt, die es damals in dieser Form noch nicht gab.[3] Die Szenen in offener Landschaft zeigen zudem stark flurbereinigte Parzellenstrukturen, wie sie größtenteils erst nach dem Zweiten Weltkrieg in Hessen entstanden sind.[4] Eine weitere Ungereimtheit ist der Anblick von Stromleitungen in einer Landschaftstotale zu Beginn des Films.

Innen- und Außen-Aufnahmen wurden im und um das Kloster Schäftlarn gedreht.[5]

„[…] deutsche Geschichte im Gewand eines kritischen Heimatfilms, sehr ambitioniert. (Wertung 2½ Sterne: überdurchschnittlich)“

Adolf Heinzlmeier und Berndt Schulz: Lexikon „Filme im Fernsehen“[6]

„Sozialkritischer Film, der im Stil einer schwermütigen Volksballade Verarmung und Unterdrückung am Modell eines frühen Gemeinwesens zeichnet. Obwohl der ökonomische, politische und geistige Hintergrund nicht ausreichend erhellt wird, regt der Film zur Auseinandersetzung an, zumal er durch seine formale Gestaltung eine bemerkenswerte Stellung im deutschen Nachkriegsfilm einnimmt.“

Der Postraub in der Subach:

Einzelnachweise

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  1. Kasseler Grimm-Professur mit Volker Schlöndorff (Memento vom 7. September 2012 im Webarchiv archive.today) auf www.nh24.de
  2. Rückseite von: Carl Franz: Der Postraub in der Subach begangen von acht Straßenräubern, von denen fünf am siebenten Oktober 1824 zu Gießen durch das Schwert vom Leben zum Tode gebracht worden sind. Aktenmäßig ausgezogen und bearbeitet von Carl Franz, Criminalsekretär Gießen 1825. Illustriert mit zehn Abbildungen nach Linolschnitten von Johannes Nawrath. Hrsg.: Elmar Altwasser, Dieter Mayer-Gürr, Claudia Gabriele Philipp. Jonas Verlag, Marburg 1978, DNB 790143143.
  3. Küster, Hansjörg (2008): Die Geschichte des Waldes. Von der Urzeit bis zur Gegenwart. München. 266 S.
  4. Born, Martin (1987): Die Entwicklung der deutschen Agrarlandschaft. Darmstadt. 185 S.
  5. Arbeitsdrehbuch. (PDF) In: schloendorff.deutsches-filminstitut.de. 1970, abgerufen am 18. Mai 2020.
  6. Adolf Heinzlmeier und Berndt Schulz in Lexikon „Filme im Fernsehen“ (Erweiterte Neuausgabe). Rasch und Röhring, Hamburg 1990, ISBN 3-89136-392-3, S. 648
  7. Der plötzliche Reichtum der armen Leute von Kombach. In: Lexikon des internationalen Films. Filmdienst, abgerufen am 2. März 2017.