Gerichtsbezirk Böhmisch Leipa – Wikipedia

Ehemaliger Gerichtsbezirk
Böhmisch Leipa
(tschechisch: soudní okres Česká Lipa)
Basisdaten
Kronland Böhmen
Bezirk Böhmisch Leipa
Sitz des Gerichts Böhmisch Leipa (Česká Lipa)
Vorlage:Infobox Gerichtsbezirk/Wartung/Keine Kennziffer
zuständiges Landesgericht  Böhmisch Leipa
Fläche 222,85 km2
(1910)
Einwohner 28,368
Aufgelöst 1919
Abgetreten an Tschechoslowakei


Das Gebäude des Bezirksgerichts (2009)

Der Gerichtsbezirk Böhmisch Leipa (tschechisch: soudní okres Česká Lipa) war ein dem Bezirksgericht Böhmisch Leipa unterstehender Gerichtsbezirk im Kronland Böhmen. Er umfasste Gebiete im Norden Böhmens im Okres Česká Lípa. Zentrum des Gerichtsbezirks war die Stadt Böhmisch Leipa (Česká Lípa). Das Gebiet gehörte seit 1918 zur neu gegründeten Tschechoslowakei und ist seit 1991 Teil der Tschechischen Republik.

Die ursprüngliche Patrimonialgerichtsbarkeit wurde im Kaisertum Österreich nach den Revolutionsjahren 1848/49 aufgehoben. An ihre Stelle traten die Bezirks-, Landes- und Oberlandesgerichte, die nach den Grundzügen des Justizministers geplant und deren Schaffung am 6. Juli 1849 von Kaiser Franz Joseph I. genehmigt wurde.[1] Der Gerichtsbezirk Böhmisch Leipa gehörte zunächst zum Kreis Leitmeritz und umfasste 1854 die 35 Katastralgemeinden Altleipa, Böhmisch Leipa, Dobern, Habstein, Hermsdorf, Hohlen, Hospitz, Jägersdorf, Karsch, Kosel, Künast, Lauben, Manisch, Mickenhan, Neugarten, Neustadtl, Niederliebich, Niederpolitz, Oberliebich, Oberpolitz, Pießnig, Quitkau, Sandau, Schaßlowitz, Schießing, Schönborn, Schossendorf, Schwora, Straußnitz, Ujest, Waltersdorf, Waßlowitz, Wchwaben, Wesseln und Wolfersdorf.[2]

Der Gerichtsbezirk Böhmisch Leipa bildete im Zuge der Trennung der politischen von der judikativen Verwaltung[3] ab 1868 gemeinsam mit den Gerichtsbezirken Haida und Niemes den Bezirk Böhmisch Leipa.[4]

Im Gerichtsbezirk Böhmisch Leipa lebten 1869 27.014 Menschen,[5] 1900 waren es 26.717 Personen.[6]

Der Gerichtsbezirk Böhmisch Leipa wies 1910 eine Bevölkerung von 28.368 Personen auf, von denen 27.261 Deutsch und lediglich 802 Tschechisch als Umgangssprache angaben. Im Gerichtsbezirk lebten zudem 305 Anderssprachige oder Staatsfremde.[7]

Durch die Grenzbestimmungen des am 10. September 1919 abgeschlossenen Vertrages von Saint-Germain kam der Gerichtsbezirk Böhmisch Leipa vollständig zur neugegründeten Tschechoslowakei, wobei die Gerichtseinteilung bis 1938 im Wesentlichen bestehen blieb. Nach dem Münchner Abkommen wurde das Gebiet dem Landkreis Böhmisch Leipa bzw. dem Sudetenland zugeschlagen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Gebiet Teil des Okres Česká Lípa, zu dem es bis heute gehört. Nachdem die Bezirksbehörden im Zuge einer Verwaltungsreform 2003 ihre Verwaltungskompetenzen verloren, werden diese von den Gemeinden bzw. dem Liberecký kraj wahrgenommen, zudem das Gebiet um Česká Lipa seit Beginn des 21. Jahrhunderts gehört.

Gerichtssprengel

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Der Gerichtssprengel umfasste Ende 1914 die 34 Gemeinden Böhmisch Leipa (Česká Lípa), Dobern (Dobranov), Drum (Drmy), Habstein (Jestřebí), Hermsdorf (Heřmaničky), Hohlen (Holany), Jägersdorf (Lada), Karsch (Karasy), Kleinaicha (Dubice), Kosel (Kozly), Künast (Sosnová), Lauben (Loubí), Manisch (Manušice), Mickenhan (Provodín), Neudörfl (Nová Ves), Neugarten (Zahrádky), Neustadtl (Jezvé), Niederliebich (Dolní Libchava), Niederpolitz (Dolní Police), Oberliebich (Horní Libchava), Oberpolitz (Horní Police), Pießnig (Písečná), Quitkau (Kvítkov), Sandau (Žandov), Schaßlowitz (Časlovice), Schießing (Žizníkov), Schönborn, Schossendorf (Radeč), Schwaben (Šváby), Straußnitz (Stružnice), Ujest (Újezd), Waltersdorf (Valteřice), Wesseln (Veselí) und Wolfersdorf (Volfartice).

Nach dem Ersten Weltkrieg wurden die deutsch-böhmischen Gebiete 1918 Teil der neu gebildeten Tschechoslowakei. Das Bezirksgericht wurde als tschechisches Gericht unter dem Namen Okresní soud v České Lípě fortgeführt. Dieses war der Krajský soud v České Lípě (dem Nachfolger des Landesgerichtes Böhmisch Leipa) nachgeordnet.[8] Aufgrund des Münchener Abkommens erfolgte 1938 die Angliederung des Sudetenlandes an das Deutsche Reich. Das tschechische Gericht wurde in ein deutsches Amtsgericht unter dem Namen Amtsgericht Böhmisch Leipa umgewandelt. Es war nun dem Landgericht Böhmisch-Leipa und dieses dem Oberlandesgericht Leitmeritz nachgeordnet. Mit der Dritten Verordnung über die Gliederung der Gerichte in den sudetendeutschen Gebieten vom 8. Juli 1939.[9] wurde der Gerichtssprengel neu geordnet. Danach gab das Amtsgericht Böhmisch Leipa die Gebietsteile ab, die zum Gerichtsbezirk Eisenbrod, Münchengrätz, Turnau und Weißwasser gehört hatten, an andere Amtsgerichte ab. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges fiel das Gebiet erneut an die Tschechoslowakei, und der Okresní soud v České Lípě wurde erneut gebildet. Dieses Gericht besteht bis heute.

Das Gerichtsgebäude

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Das Gerichtsgebäude wurde zwischen 1896 und 1898 von den Wiener Architekten Karl und Moritz Hinträger erbaut.

  • k. k. Statistische Zentralkommission (Hrsg.): Spezialortsrepertorium von Böhmen. Bearbeitet auf Grund der Ergebnisse der Volkszählung vom 31. Dezember 1910. Wien 1915 (Spezialortsrepertorien der österreichischen Länder)
Commons: District Court in Česká Lípa – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Landes-Gesetz- und Regierungs-Blatt für das Kronland Böhmen (Dritte Abtheilung des Ergänzungs-Bandes) 1849, Nr. 110: „Organisirung der Gerichte in dem Kronlande Böhmen.“
  2. Landes-Regierungs-Blatt für das Königreich Böhmen 1854, I. Abtheilung, XLVII. Stück, Nr. 277: „Verordnung der Ministerien des Inneren, der Justiz und der Finanzen vom 9. Oktober 1854, betreffen die politische und gerichtliche Organisirung des Königreichs Böhmen“
  3. Reichs-Gesetz-Blatt für das Kaiserthum Oesterreich. Jahrgang 1868, XVII. Stück, Nr. 44. „Gesetz vom 19. Mai 1868 über die Einrichtung der politischen Verwaltungsbehörden in den Königreichen ...“
  4. Reichs-Gesetz-Blatt für das Kaiserthum Oesterreich. Jahrgang 1868, XLI. Stück, Nr. 101: Verordnung vom 10. Juli 1868, die Durchführung des Gesetzes vom 19. Mai 1868 (reichs-Gesetz-Blatt Nr. 44) in Böhmen, Dalmatien, Oesterreich unter und ob der Enns, Steiermark, Kärnthen, Bukowina, Mähren, Schlesien, Tirol und Vorarlberg, Istrien, Görz und Gradiska betreffend.
  5. Böhmische k. k. Statthalterei (Hrsg.): Orts-Repertorium des Königreiches Böhmen. Mit Benützung der von der k. k. statistischen Central-Commission zusammengestellten Ergebnisse der Volkszählung vom 31. Dezember 1869 herausgegeben. Prag 1872, S. 6
  6. C. k. místodržitelství (Hrsg.): Seznam míst v Království českém. K rozkazu c. k. místodržitelství na základě úřadních udání sestaven. Prag 1907, S. 630
  7. k. k. Statistische Zentralkommission (Hrsg.): Spezialortsrepertorium von Böhmen. Bearbeitet auf Grund der Ergebnisse der Volkszählung vom 31. Dezember 1910. Wien 1915, S. 35
  8. Michal Princ: Soudnictví v českých zemích v letech 1848–1938 (soudy, soudní osoby, dobové problémy). ISBN 9788074787980, 2015, S. 307, online
  9. Dritte Verordnung über die Gliederung der Gerichte in den sudetendeutschen Gebieten vom 8. Juli 1939, RGBl. I. 1939, S. 1233, online