Joseph Wenzel (Liechtenstein) – Wikipedia

Joseph Wenzel von Liechtenstein
Büste von Fürst Joseph Wenzel von Liechtenstein (1758)
Statue im Heeresgeschichtlichen Museum.

Joseph Wenzel (Joseph Wenzel Lorenz; * 9. August 1696 in Prag; † 10. Februar 1772 in Wien) war ein kaiserlicher Feldmarschall und von 1748 bis zu seinem Tod regierender Fürst von Liechtenstein.

Liechtenstein war der älteste Sohn des kaiserlichen Feldmarschallleutnants Fürst Philipp Erasmus von Liechtenstein (1664–1704) und dessen Gattin Christina Theresia, geborene Gräfin zu Löwenstein-Wertheim (1665–1730). Nachdem er im Alter von 8 Jahren seinen gefallenen Vater verloren hatte, wuchs er unter der Vormundschaft des Fürsten Walther von Dietrichstein und des Grafen Maximilian Ulrich von Kaunitz in Prag auf und besuchte das Collegium Carolinum. Gemäß dem Testament seines Onkel dritten Grades, Fürst Hans Adam I. von Liechtenstein, erbte er 1712 unter anderem die reichsunmittelbare Herrschaft Schellenberg und die Reichsgrafschaft Vaduz, alle fürstlichen Gestüte und Pferde sowie die Häuser in der Wiener Herrengasse. Zwar waren die Bestimmungen des Testaments rechtsgültig, doch widersprachen sie dem Geist der bis dahin stets eingehaltenen Erbeinigung von 1606, die eine Stärkung des Majorats und der Primogenitur vorsah. Der Primogenitus und neue Majoratsherr des Hauses Liechtenstein, sein Onkel Fürst Anton Florian, wollte diese Zurücksetzung nicht akzeptieren. Dementsprechend hatten die letztwilligen Verfügungen des Fürsten Hans Adam I. eine Vielzahl von Prozessen zur Folge.

Wie sein Vater wählte er die militärische Laufbahn. 1716 avancierte er zum Leutnant im Dragonerregiment des Grafen von Velen. Im Rang eines Hauptmanns nahm er an der Schlacht von Peterwardein und an der Schlacht bei Belgrad teil, in der er nur knapp ein Handgemenge mit den Feinden überlebte. 1718 erfolgte die Beförderung zum Oberstleutnant. Schon damals zeigte er eine starke Begabung für Kriegstaktik und militärische Organisation. Sein Talent wurde vom kaiserlichen Oberbefehlshaber Prinz Eugen von Savoyen erkannt und tatkräftig gefördert. Zeitlebens blieb dieser ihm eng verbunden. Am 12. März 1718 tauschte er mit seinem Onkel Anton Florian die beiden reichsunmittelbaren Herrschaften Schellenberg und Vaduz. Im Gegenzug dafür erhielt er die Herrschaft Rumburg und 250.000 Gulden. Auch die Verehelichung mit seiner Cousine Fürstin Maria Anna von Liechtenstein (1699–1753), Tochter seines Onkels und dessen Gattin Eleonore Barbara, geborene Gräfin von Thun und Hohenstein (1661–1723), trug zur Aussöhnung innerhalb der Familie bei. Die Hochzeit fand am 1. Mai 1718 in Lanzendorf statt. Aus der Ehe ging ein Sohn hervor: Philipp Anton (1719–1723).

Mit dem Frieden von Passarowitz begann eine längere Friedensperiode, in der er sich militärischen Studien widmete. 1725 erhielt er das Dragonerregiment St. Amour und wurde 1730 zum Oberst ernannt. Nach dem Tod seines Vetters Fürst Joseph übernahm er die Verwaltung des Majorats und übte bis 1745 die Vormundschaft über dessen Sohn und Haupterben der Familie Johann Nepomuk Karl aus. Als Oberst-Feldwachtmeister deckte er 1733 mit seinem Regiment die Wahl des sächsischen Kurfürsten August III. zum König von Polen, gegen Stanisław Leszczyński, den Kandidaten Frankreichs und Schwedens, was den Polnischen Thronfolgekrieg (1733–1738) auslöste. Als 1734 Frankreich und Spanien Österreich den Krieg erklärten, erhielt er nach seiner Beförderung zum Generalmajor ein Kommando in der Rheinarmee unter Prinz Eugen. Im Mai 1734 erfolgte seine Ernennung zum Feldmarschallleutnant.

Wenig später begann für ihn eine Phase diplomatischer Tätigkeiten. 1735 ernannte ihn Kaiser Karl VI. zum außerordentlichen Gesandten am preußischen Hof König Friedrich Wilhelms I. in Berlin. Dort lieh er dem von seinem Vater kurzgehaltenen Kronprinzen, dem späteren König Friedrich II., eine größere Geldsumme, um deren Rückzahlung sich viele Jahre später ein Hin-und-her entspann, da Liechtenstein sowohl verzinstes Bargeld als auch ein Porzellanservice, die ihm der König als Rückzahlung geschickt hatte, zurückgehen ließ oder mit Gegengeschenken beantwortete. Von 1737 bis 1740 war er als kaiserlicher Botschafter am französischen Königshof in Versailles tätig. Sein festlicher Einzug 1738 in Paris wurde zu einem gesellschaftlichen Ereignis ersten Ranges. 1739 erfolgte seine Beförderung zum General der Kavallerie. Während seiner Mission als Botschafter gelang es ihm nicht zu verhindern, dass Frankreich sich in den Erbfolgekriegen an Preußens Seite gegen Österreich stellte.

1740 kehrte er zur Armee zurück und wurde zum Generalgouverneur der Lombardei bestellt. Der Österreichische Erbfolgekrieg sah ihn auf der Seite der in Bedrängnis geratenen jungen Landesherrin Maria Theresia. In den langwierigen kriegerischen Auseinandersetzungen erwarb er sich große Verdienste. In der Schlacht bei Chotusitz geriet er in eine lebensgefährliche Situation. Bei diesen militärischen Operationen wurde ihm klar, dass die Artillerie der preußischen Armee der österreichischen weit überlegen war. Dies veranlasste ihn, gemeinsam mit Spezialisten Reformvorschläge für die österreichische Artillerie zu erarbeiten, welche er in einem Memorandum zusammengefasst der Landesherrin präsentierte. Daraufhin ernannte sie ihn 1744 zum kommandierenden General in Mähren und zum Generaldirektor der gesamten Artillerie. Schließlich wurde er 1745 zum Feldmarschall befördert und erhielt das Oberkommando der österreichischen Armee in Italien durch den neuen Kaiser Franz I. Am 16. Juni 1746 konnte er eine französisch-spanische Koalition unter Marschall Maillebois in der Schlacht bei Piacenza schlagen und das Herzogtum Parma freikämpfen. Nach dem Tod seines Neffen zweiten Grades, Johann Nepomuk Karl, wurde er 1748 Regierer des Hauses Liechtenstein und trat die Regentschaft im Fürstentum an. 1751 wirkte er als Gesandter in Brüssel. 1753 erfolgte seine Bestellung als Generalkommandierender in Ungarn.

In seiner Funktion als Generaldirektor der Artillerie machte Liechtenstein Militärgeschichte, indem er die österreichische Artillerie zum stärksten Instrument des kaiserlichen Heeres formte und einen beträchtlichen Teil der dafür erforderlichen Finanzmittel aus eigenem Vermögen beizusteuern bereit war.[1] Die österreichische Artillerie war mit exzellenter Technik ausgerüstet und gut ausgebildet, sodass Friedrich II., nachdem er 1757 die Schlacht bei Kolin verloren hatte, vom „Vorteil einer wohlbedienten Artillerie, die Liechtensteinen Ehre bringt“ schrieb.[2]

Aufgrund des besonderen Ansehens, das er bei der kaiserlichen Familie genoss, wurde er 1760 auf ausdrücklichen Wunsch Maria Theresias damit beauftragt, die Braut des Thronfolgers Erzherzog Josephs, Prinzessin Isabella von Bourbon-Parma, aus Parma abzuholen. Im gleichen Jahr wurde ihm das Prädikat Durchlaucht verliehen. Sein letzter großer politischer Auftritt war 1764, als er als Prinzipalkommissar bei der Königswahl und Krönung Josephs II. in Frankfurt am Main fungierte.

Der Goldene Wagen des Fürsten Joseph Wenzel

Liechtenstein wusste seine Missionen mit seinen künstlerischen Interessen fruchtbar zu verbinden. Er erwarb nicht nur in der Kunstwelt bereits bekannte und geschätzte Werke für die fürstlichen Sammlungen, sondern erteilte auch Aufträge an zeitgenössische Künstler. Für seinen Einzug als Botschafter in Paris ließ er fünf Prunkkutschen bauen, von denen eine, der sogenannte Goldene Wagen, bis heute ein Hauptstück seiner Erwerbungen darstellt. Zudem sammelte er kostbare Bücher und Handschriften.

Am 10. Februar 1772 verstarb er in Wien. Sein Leichnam wurde nach Wranau überführt und in der Familiengruft bestattet. Als regierender Fürst und Majoratsherr folgte ihm sein Neffe Franz Josef I.

Durch die kaiserliche Entschließung von Franz Joseph I. vom 28. Februar 1863 wurde Joseph Wenzel Fürst von und zu Liechtenstein in die Liste der „berühmtesten, zur immerwährenden Nacheiferung würdiger Kriegsfürsten und Feldherren Österreichs“ aufgenommen, zu deren Ehren und Andenken auch eine lebensgroße Statue in der Feldherrenhalle des damals neu errichteten k.k. Hofwaffenmuseums (heute: Heeresgeschichtliches Museum Wien) errichtet wurde. Die Statue wurde 1868 vom Bildhauer Vincenz Pilz (1816–1896) aus Carrara-Marmor geschaffen, gewidmet wurde sie von Johann II. Fürst von Liechtenstein.[3] Darüber hinaus beherbergt das Heeresgeschichtliche Museum eine Porträtbüste des Feldmarschalls Liechtenstein von der Hand des berühmten Bildhauers Franz Xaver Messerschmidt.[4]

Commons: Joseph Wenzel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Joseph Wenzel Fürst Liechtenstein, k. k. Feldmarschall, Biographie (Memento vom 28. April 2016 im Internet Archive) auf kuk-wehrmacht.de, abgerufen am 18. Oktober 2016
  2. Joseph Wenzel Laurenz, in: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
  3. Johann Christoph Allmayer-Beck: Das Heeresgeschichtliche Museum Wien. Das Museum und seine Repräsentationsräume. Kiesel Verlag, Salzburg 1981, ISBN 3-7023-0113-5, S. 34
  4. Ilse Krumpöck: Die Bildwerke im Heeresgeschichtlichen Museum. Wien 2004, S. 120 f.
VorgängerAmtNachfolger
Johann Nepomuk KarlFürst von Liechtenstein
1748–1772
Franz Josef I.