Provinziallandtag der Provinz Hannover – Wikipedia

Der Provinziallandtag der Provinz Hannover war von 1867 bis 1933 die Selbstverwaltungskörperschaft der preußischen Provinz Hannover.

Sitz des Provinziallandtages war das Provinzial-Ständehaus, in dem heute das Niedersächsische Finanzministerium untergebracht ist

Bildung des Provinziallandtags

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Nach der Annexion des Königreichs Hannover durch Preußen nach dem Deutschen Krieg 1866 wurde die Provinz Hannover gebildet. Nach dem Vorbild der anderen Provinzen wurde am 22. August 1867 auch für diese Provinz ein Provinziallandtag eingerichtet.[1]

Die 81 Abgeordneten wurden in drei Kurien gewählt:

  1. Stand der größeren Grundbesitzer (31 Abgeordnete, davon 25 gewählte)
  2. Stand der Städte (25 Abgeordnete)
  3. Stand der Landgemeinden (25 Abgeordnete)

Im Stande der größeren Grundbesitzer hatten folgende sechs Adlige Virilstimmen:

  1. der Herzog von Arenberg,
  2. der Herzog von Looz-Corswarem,
  3. der Fürst von Bentheim-Steinfurt (so lange sich dieselben im Besitze ihrer in der Provinz gelegenen Standesherrschaften befinden)
  4. der Graf zu Stolberg-Wernigerode,
  5. der Graf zu Stolberg-Stolberg (beide wegen der Grafschaft Hohenstein)
  6. der Erblandmarschall von Hannover (so lange derselbe im Besitze des dieses Amt bedingenden Majorats ist)

Die Wahl der restlichen Abgeordneten erfolgte in folgenden Wahlkreisen:

  1. Größere Grundbesitzer (25 Abgeordnete)
    1. der Bezirk der Calenberg-Göttingen-Grubenhagenschen Landschaft: 6 Abgeordnete,
    2. das Fürstentum Lüneburg: 5 Abgeordnete,
    3. die Herzogtümer Bremen und Verden: 4 Abgeordnete,
    4. die Grafschaften Hoya und Diepholz: 2 Abgeordnete,
    5. das Fürstentum Osnabrück: 2 Abgeordnete,
    6. das Fürstentum Hildesheim: 3 Abgeordnete,
    7. das Fürstentum Ostfriesland: 2 Abgeordnete,
    8. das Herzogtum Arenberg-Meppen, die Niedergrafschaft Linge und die Grafschaft Bentheim: 1 Abgeordneter
  2. Städte (25 Abgeordnete)
    1. die Stadt Hannover: 1 Abgeordneten,
    2. die Stadt Göttingen: 1 Abgeordneten,
    3. die Stadt Hameln: 1 Abgeordneten,
    4. die übrigen zur Städtekurie der Calenberg-Grubenhagenschen Landschaft gehörigen Städte zusammen: 2 Abgeordnete,
    5. die Bergstädte Clausthal, Zellerfeld, Andreasburg, Altenau, Lautenthal, Grund und Wildemann zusammen: 1 Abgeordneten,
    6. die Stadt Lüneburg: 1 Abgeordneten,
    7. die Stadt Harburg: 1 Abgeordneten,
    8. die Stadt Celle: 1 Abgeordneten,
    9. die übrigen zum Städtestande des Lüneburgschen Landtages gehörigen Städte zusammen: 1 Abgeordneten,
    10. die Stadt Stade: 1 Abgeordneten,
    11. die Stadt Verden: 1 Abgeordneten,
    12. die übrigen zur Städtekurie der Bremen-Verdenschen Landschaft gehörigen Gemeinden zusammen: 1 Abgeordneten,
    13. die Stadt Nienburg und die Flecken Hoya und Diepholz zusammen: 1 Abgeordneten,
    14. die übrigen zur Städtekurie der Hoya-Diepholzschen Landschaft gehörigen Flecken zusammen: 1 Abgeordneten,
    15. die Stadt Osnabrück: 1 Abgeordneten,
    16. die übrigen zur Städtekurie der Osnabrückschen Landschaft gehörigen Städte und das Weichbild Bramsche zusammen: 1 Abgeordneten,
    17. die Städte Meppen, Lingen, Haselünne, Schüttorf, Northorn, Neuenhaus und Bentheim zusammen: 1 Abgeordneten,
    18. die Stadt Papenburg: 1 Abgeordneten
    19. die Stadt Hildesheim: 1 Abgeordneten,
    20. die Stadt Goslar: 1 Abgeordneten,
    21. die übrigen zur Städtekurie der Hildesheimschen Landschaft gehörigen Städte zusammen: 1 Abgeordneten,
    22. die Stadt Emden: 1 Abgeordneten,
    23. die Stadt Leer: 1 Abgeordneten,
    24. die übrigen zur Städtekurie der Ostfriesischen Landschaft gehörigen Städte zusammen: 1 Abgeordneten,
  3. Landgemeinden (25 Abgeordnete)
    1. Bezirk der Calenberg-Grubenhagenschen Landschaft: 4 Abgeordnete,
    2. Fürstentum Lüneburg: 4 Abgeordnete,
    3. Herzogtümer Bremen-Verden: 4 Abgeordnete,
    4. Land Hadeln: 1 Abgeordneter;
    5. Grafschaften Hoya-Diepholz: 2 Abgeordnete;
    6. Fürstentum Osnabrück: 2 Abgeordnete;
    7. Herzogtum Arenberg-Meppen: 1 Abgeordneter;
    8. Niedergrafschaft Lingen und Grafschaft Bentheim: 1 Abgeordneter;
    9. Fürstentum Hildesheim: 3 Abgeordnete;
    10. Fürstentum Ostfriesland: 3 Abgeordnete.

Die Standesherren konnten sich durch Agnaten ihres Hauses vertreten lassen. Die Abgeordneten der Städte wurden von dem Magistrate und den sämmtlichen Bürgervorstehern, die der Landgemeinden durch die Kreistage gewählt. Es wurden jeweils Stellvertreter gewählt. Der Landtag tagte in der Regel jährlich. Er verfügte nicht über ein Selbstversammlungsrecht, sondern wurde vom König einberufen, vertagt und aufgelöst. Der Landtagsmarschall (Landtagspräsident) wurde von König aus der Mitte der Abgeordneten bestimmt.

Die Provinzialordnung von 1884

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Mit der Provinzialordnung von 1884 wurde die Wahl der Abgeordneten deutlich verändert und die Kompetenzen des Landtags erweitert. Nun bestand der Provinziallandtag aus Abgeordneten der Land- und Stadtkreise der Provinz. Jeder Kreis wählte mindestens einen Abgeordneten. Kreise mit mehr als 30.000 Einwohnern wählten zwei Abgeordnete, ab 80.000 Einwohnern waren dies drei. Bei größeren Kreisen kam für jede volle Zahl von weiteren 50.000 Einwohnern ein weiterer Abgeordneter hinzu. Die Abgeordneten der Landkreise wurden von den Kreistagen gewählt. Die Abgeordneten mussten weiterhin ein Mindestalter von 30 Jahren haben. Die Wahldauer betrug 6 Jahre. Der Provinziallandtag konnte beschließen, kleine Landkreise zu Wahlbezirken zusammenzuschließen. Die Wahl erfolgte durch die Kreistage. Es wurden keine Stellvertreter gewählt, stattdessen kam es zu Ergänzungswahlen. Der Vorsitzende des Provinziallandtages wurde nun von diesem selbst gewählt.[2]

Der Provinziallandtag hatte nun ein Budgetrecht bezüglich des Haushaltes der Provinz. Der Provinzialverband hatte ebenfalls zusätzliche Aufgaben erhalten.

Weimarer Republik

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Nach der Novemberrevolution vom 9. November 1918 wurden in Preußen 1919 für die Parlamente und kommunalen Volksvertretungen allgemeine und gleiche Wahlen nach dem Verhältniswahlrecht durchgeführt und erstmals auch das Frauenwahlrecht bewilligt. Hierbei wurden allerdings die Provinziallandtage nicht neu gewählt. Das Gesetz betreffend die Neuwahl der Provinziallandtage vom 16. Juli 1919[3] regelte, dass die Provinziallandtage aufgelöst und durch die (nun demokratisch gewählten) Kreistage bis zum 1. September 1919 neu gewählt werden sollten. Mit Art. 74 der Verfassung des Freistaats Preußen vom 30. November 1920[4] wurde die Wahl der Provinziallandtage durch das Volk festgeschrieben. Diese Verfassungsbestimmung wurde mit dem Gesetz betreffend die Wahlen zu den Provinziallandtagen und zu den Kreistagen vom 3. Dezember 1920[5] umgesetzt. Nun wurden die Abgeordneten auf vier Jahre direkt vom Volk gewählt. Die Zahl der Abgeordneten hing von der Einwohnerzahl ab. Für die erste und zweite Million Einwohner wurde je ein Abgeordneter für 25 000 Einwohnern gewählt. Für die dritte Million Einwohner wurde je ein Abgeordneter für je 35 000 Einwohnern und in der vierten Million Einwohner ein Abgeordneter je 50 000 Einwohnern gewählt. Die Provinz Hannover lag zwischen 3 und 4 Millionen Einwohner. Die Verteilung der Mandate erfolgte zunächst auf Ebene der Regierungsbezirke.[6] Mit dem Wahlgesetz für die Provinziallandtage und Kreistage vom 7. Oktober 1925[7] wurden kleinere Wahlrechtsänderungen eingeführt.

Wahlergebnisse in der Weimarer Republik

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Stimmenanteile der Parteien in Prozent

Wahltag SPD DVP DNVP 1 DZP DDP KPD 2 DHP NSDAP 3
 421.02.1921 4 34,7 15,0 7,0 6,4 4,5 3,2 DZP
 529.11.1925 5 32,9 01,3 2,2 9,7 3,9 4,2
 617.11.1929 6 34,7 08,3 6,7 8,9 3,1 3,7 10,9 06,8
12.03.1933 23,1 01,0 9,6 8,1 4,8 04,1 48,8

Sitzverteilung der Parteien mit mehr als 5 Sitzen

Jahr Ges. SPD LN DVP LEW DNVP DZP VHPL HuG DHP MSBl NSDAP KPD
1921 109 37 17 16 10 7 7 4
1925 112 37 1 2 11 30 8 1 1 5
1929 111 39 10 8 10 12 10 8 4
1933 112 26 11 9 5 55 6

Sitzverteilung der Parteien mit bis zu 5 Sitzen

Jahr DDP USPD HeuL LOF LEWF WHauGe SB LGF LF LNO CNBL NatF
1921 5 3 1 1 1
1925 5 5 3 1 1 1
1929 4 4 2
1933

Fußnoten

1 
1921, 1925 und 1929: DNVP, 1933: KFSWR
2 
1921: VKPD, 1925, 1929 und 1933: KPD
3 
1925: DVFP, 1929 und 1933: NSDAP
4 
zusätzlich: LN: 16,6 %, LEW: 8,0 %, USPD: 3,3 %
5 
zusätzlich: VHPL: 27,2 %, HuG: 7,3 %, WHauGe: 3,7 %, SB: 2,0 %
6 
zusätzlich: MSBl: 9,0 %

Machtergreifung und Ende des Provinziallandtags

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Die Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 bedeutete auch das Ende des Provinziallandtags. Mit dem Gesetz über die Übertragung von Zuständigkeiten der Provinzial- (Kommunal-) Landtage, … auf die Provinzial- (Landes-) Ausschüsse, … vom 17. Juli 1933[8] verlor der Provinziallandtag seine Aufgaben, mit dem Gesetz über die Erweiterung der Befugnisse des Oberpräsidenten (Oberpräsidentengesetz) vom 15. Dezember 1933[9] wurde geregelt: „Die Provinziallandtag, Provinzialausschüsse und Provinzialkommissionen werden aufgelöst. Eine Neubildung findet nicht statt.“

Nach dem Zweiten Weltkrieg ging die Provinz Hannover im neuen Land Niedersachsen auf. Entsprechend wurde der Provinziallandtag nicht neu gebildet. Nachfolger wurde stattdessen der Ernannte Landtag bzw. danach der Niedersächsische Landtag.

Persönlichkeiten

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Preußischer Staatsrat

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Der Provinziallandtag der Provinz Hannover wählte in der Weimarer Republik sechs Abgeordnete in den Preußischen Staatsrat. Dies waren:

Nr. Abgeordneter Partei Amtszeit Vertreter Partei Amtszeit
1 Eduard von Lütcken DHP Mai 1921 bis Februar 1926 Carl Ludwig Kleine AG Mai 1921 bis Februar 1926
1 Carl Ludwig Kleine AG Februar 1926 bis Januar 1930 Wilhelm Dieckmann AG Februar 1926 bis Januar 1930
1 Heinrich Hartmann AG Januar 1930 bis 31. Mai 1931 † Heinrich Heitmüller AG Januar 1930 bis 21. Juli 1931
1 Heinrich Heitmüller AG 21. Juli 1931 bis 7. November 1932 † Johann Rabe AG 21. Juli 1931 bis 24. November 1832
1 Johann Rabe AG 24. November 1832 bis April 1933 Georg Voigt AG 24. November 1832 bis April 1933
1 Otto Telschow NSDAP April bis 10. Juli 1933 Georg Gloystein NSDAP April bis 10. Juli 1933
2 Heinrich Tramm AG Mai 1921 bis Februar 1926 Johann Rabe AG Mai 1921 bis Februar 1926
2 Eberhard Hagemann AG Februar 1926 bis Januar 1930 Arthur Menge DHP Februar 1926 bis Januar 1930
2 Jan Fegter DStP Januar 1930 bis 1. März 1931 † Hermann Willmann parteilos Januar 1930 bis 27. März 1931
2 Hermann Willmann parteilos 27. März 1931 bis April 1933 Hermann Müller DStP 27. März 1931 bis April 1933
2 Gustav Hokamp NSDAP April bis 10. Juli 1933 Friedrich Lambert NSDAP April bis 10. Juli 1933
3 Franz Reinhard Zentrum Mai 1921 bis Februar 1926 Wilhelm Arning AG Mai 1921 bis Februar 1926
3 Ernst Ehrlicher AG Februar 1926 bis April 1933 Carl Uebelen
Wilhelm Dyckerhoff
AG
AG
Februar 1926 bis 10. April 1929
Januar 1930 bis April 1933
3 Siegfried Wagner (Osnabrück) NSDAP April bis 10. Juli 1933 Joseph Ständer NSDAP April bis 10. Juli 1933
4 Ernst Andrée SPD Mai 1921 bis April 1933 Wilhelm Kregel
Heinrich Groos
Gustav Haas
SPD
SPD
SPD
Mai 1921 bis Februar 1926
Februar 1926 bis Januar 1930
Januar 1930 bis April 1933
4 Ludwig Geßner NSDAP April bis 10. Juli 1933 Elmar Meyer-Ibold NSDAP April bis 10. Juli 1933
5 Andreas Müller SPD Mai 1921 bis 11. November 1928 Heinrich Groos
Jan Fegter
SPD
DDP
Mai 1921 bis Februar 1926
Februar 1926 bis 24. Januar 1928
5 Jan Fegter DDP 24. Januar 1928 bis Januar 1930 Wilhelm Sporleder SPD 24. Januar 1928 bis Januar 1930
5 Bernhard Breitenstein Zentrum Januar 1930 bis April 1933 Joseph Kannengießer Zentrum Januar 1930 bis April 1933
5 Paul Prellwitz NSDAP April bis 10. Juli 1933 Wilhelm Henne NSDAP April bis 10. Juli 1933
6 Jan Fegter DDP Mai 1921 bis Februar 1926 Wilhelm Sporleder SPD Mai 1921 bis Februar 1926
6 Franz Reinhard Zentrum Februar 1926 bis 21. November 1927 † Wilhelm Kregel SPD Februar 1926 bis 23. November 1927
6 Wilhelm Kregel SPD 23. November 1927 bis Januar 1930 Freiherr Franz Fritz von Fürstenberg Zentrum 23. November 1927 bis Januar 1930
6 Oswald Kanzler SPD Januar 1930 bis 10. Juli 1933 Ottomar Suchomel
Paul Neue
SPD
SPD
Januar 1930 bis April 1933
April 1933 bis 10. Juli 1933

[10]

  • Beatrix Herlemann, Helga Schatz: Biographisches Lexikon niedersächsischer Parlamentarier 1919–1945 (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen. Band 222). Hahnsche Buchhandlung, Hannover 2004, ISBN 3-7752-6022-6.

Einzelnachweise

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  1. Verordnung, betreffend die provinzialständische Verfassung im Gebiete des vormaligen Königreichs Hannover, vom 22. August 1867, Text der Verordnung
  2. Provinzialordnung für die Provinz Hannover vom 7. Mai 1884, online
  3. GS S. 129
  4. GS S. 543
  5. GS 1921 S. 1
  6. Gesetz betreffend die Wahlen zu den Provinziallandtagen und zu den Kreistagen vom 3. Dezember 1920
  7. GS S. 123
  8. GS. S. 257
  9. GS, S. 477, Art. II (3)
  10. Joachim Lilla: Der Preußische Staatsrat 1921–1933. Ein biographisches Handbuch. Mit einer Dokumentation der im „Dritten Reich“ berufenen Staatsräte (= Handbücher zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien. Band 13). Droste, Düsseldorf 2005, ISBN 3-7700-5271-4, S. 275.